Das beste Bier? Das gibt es gar nicht!
Bernhard Sitter aus Neureichenau ist Deutschlands erster Biersommelierwirt – und wirft einen Blick auf einige richtig kuriose Neuheiten aus der Welt der Biergeschmäcker.
In der Sonne auf der Terrasse sitzen, ein kühles Bier dazu – perfekter Genuss. Wieso brauche ich da denn überhaupt noch einen Biersommelier?
Damit der einem zeigt, was es noch Besseres gibt. Denn man trinkt nicht immer zu jeder Stimmung das Gleiche. Wenn mich zum Beispiel jemand fragt, was ist das beste Bier – dann sag ich, das gibt’s nicht! Zumindest geht’s mir so. Weil es davon abhängig ist, welche Stimmung ich habe, in wessen Gesellschaft ich sitze und was ich essen möchte, kann ich nicht sagen, dass ein Bier mein Lieblingsbier wäre.
Das erste Mal? “Bestimmt habe ich von meinem Opa einen Finger voll Schaum bekommen”
Als Biersommelier hat man Bier am besten schon mit der Muttermilch aufgesogen, oder?
Vielleicht nicht ganz so früh. Aber wahrscheinlich war‘s als kleiner Junge – so wie es immer ist. Bestimmt habe ich von meinem Opa einen Finger voll Schaum bekommen, so wie die Babys heute noch. Aber schon meine Eltern hatten ein kleines Wirtshaus und solang ich denken kann, erinnere ich mich an die Thematik Bier. Wir brauen ja auch selbst.
Sie haben eine eigene Brauerei? Der Name Sitter steht also nicht nur für den Biersommelier sondern auch für ein eigenes Bier?
Mal ehrlich: Wie viele Sorten probiert man auf der langen Suche nach den Spitzenbieren?
Wahrscheinlich Tausende in meinem Fall. Neben den hundert Biersorten hier im Hotel, habe ich ja auch die Ehre, dass ich Preisrichter beim ‚European Beer Star‘ und dem ‚World Beer Cup‘ in den USA bin. Bei Letzterem verkostet die Jury drei Tage lang, am Tag irgendwas zwischen 60 und 70 Bieren.
Sind Sie als Juror ein ‚harter Hund‘ oder lassen Sie auch die ein oder anderen kleineren Fehler durchgehen?
Wenn ich die Marke nicht weiß, dann kann ich kein harter Hund sein oder was durchgehen lassen. Sondern es geht einfach nur darum, schmeckts oder schmeckts nicht. Und zum Schluss, wenn es um die Medaille geht, muss sich der Tisch mit acht Juroren einig werden.
“Man macht was, das in Deutschland jedem Brauer die Haare zu Berge stehen lässt”
Die Neutralität des Schiedsrichters in allen Ehren – aber was ist Ihr persönlicher Favorit?
Eines meiner Hauptbiere, die ich liebe und gern trinke, ist vor allem unser Blondes aus der eigenen Brauerei. Wenn ich unterwegs bin, trink ich eigentlich fast alles gern. Zum Beispiel Bier der Brauerei Schönram aus Petting im Landkreis Traunstein: die haben für mich das beste Helle der Welt. Aber ich trink natürlich auch gern mal internationale Spezialitäten, die in Deutschland keine Sau kennt: Etwa Sauerbiere. Unvorstellbar, als ich die das erste Mal getrunken habe. Aber heute liebe ich sowas.
Ernsthaft, saures Bier? Wie schmeckt sowas bitte?
Sommelier Sitter über EINEN Trend, mit dem er sich selbst erst nach und nach anfreunden konnte
Wenn sie über das Kuriositätenkabinett der Biere reden, geraten Sie ja regelrecht ins Schwärmen. Biertrends haben es Ihnen angetan, was?
Damit wir das beim nächsten Glas auch mal ausprobieren können: Worauf achten Biersommeliers bei der Verkostung genau?
Im Prinzip auf das Gleiche wie beim Wein. Zuerst mal schaut man die Farbe an, dann den Schaum, dann riecht man. Anschließend probiert man das Bier im Mund und schluckt es runter, um zu sehen, was man da wahrnimmt. Es werden dann bei Wettbewerben nach acht Kriterien Punkte gegeben.
Der kräftige Schluck aus dem Bierglas ist dann ja grundlegend falsch! Man müsste sich quasi viel mehr Zeit lassen?
Das ist das Problem, dass man das bei unseren Bieren nicht kennt. Also werden das die wenigsten Leute tun. Aber dann gibt’s die Kategorie der Genießerbiere, die dann locker auf einer Schiene mit Wein sind. Die trinkt man anders. Vor 15 Jahren hat sich ein Biertrinker noch unter der Grasnarbe wegducken müssen – heute nicht mehr.
„Erst mit dem passenden Getränk hebt sich beides eine Stufe nach oben“
Die Kunst des Biersommeliers: Den Geschmack von Mahlzeiten und Biersorte perfekt zu komponieren, oder?
Bernhard Sitter spricht über das Selbstverständnis eines Biersommeliers
Gibt es Geschmackskombinationen, von denen man auf den gar nicht glaubt, dass sie zusammenpassen?
Fischgerichte und ein leichtes Weißbier zum Beispiel. Obwohl das so leicht ist, habe ich damit einen wunderbaren Speisenbegleiter. Bier und Schokolade, Käse und Bier – da gibt’s supergeile Kombinationen.
„Biere, die schmecken fast genauso wie ein Sauvignon Blanc“
Sie glauben, Bierqualität ist inzwischen mehr gefragt denn je?
Jeder mündige Gastronom muss da inzwischen drauf schauen. Wer aus seinem Betrieb etwas machen möchte, dem reicht heute aus meiner Sicht nicht mehr nur eine große Weinkarte zu haben. Sondern ich muss neben meiner Stammbrauerei auch ein paar Spezialitäten bereitstellen. Guter Wein allein, reicht in Zukunft nicht mehr.
Im Ausland kennt man uns als Biernation. Rühmt sich Deutschland zu Recht als Nabel der Bierwelt?
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