Brexit-Angst? Jetzt will Großbritannien Finanzzentrum für muslimische Länder werden
Die britische Finanzaufsicht hat erstmals eine Finanztechnologiefirma zugelassen, die komplett im Einklang mit den Regeln des Islams handelt. Es könnte ein erster Schritt zu einer Neuausrichtung des Finanzumschlagplatzes London werden. Nach dem Brexit braucht Großbritannien Alternativen zu europäischen Firmen und Investoren.
Der Finanzplatz London versucht sich für den Brexit zu wappnen. Zum ersten Mal hat die Finanzaufsicht des Vereinigten Königreichs ein Unternehmen zugelassen, das ausschließlich nach der Scharia und den Regeln des Islams Geschäfte macht. Das berichtete die Nachrichtenagentur Reuters zuerst. „Yielders“ heißt die Londoner Finanztechnologiefirma (Fintech), die Kleinanlegern Immobilienbeteiligungen verkaufen will.
Für Großbritannien soll die Markteinführung des islamkonformen Anleger-Startups ein weiteres Zeichen dafür sein, dass es sich nach dem EU-Austritt und seinen möglichen wirtschaftlichen Nachteilen auch einem neuen Markt zuwenden möchte: Der islamischen Finanzwelt. Bisher haben es gläubige Muslime schwer, in Europa profitable Finanzgeschäfte zu machen. Denn im Islam ist es verboten, Geld durch Zinsen, Spekulation oder Glückspiel zu verdienen.
London will islamisches Finanzzentrum werden
Schon länger werden in London Pläne geschmiedet, um die britische Hauptstadt als Finanzumschlagplatz für den Nahen und Mittleren Osten sowie Südostasien zu etablieren. Schon vor drei Jahren wurde dafür ein erster Schritt gemacht. 2014 war Großbritannien eines der ersten westlichen Länder, das eine Anleihe herausgab, die mit dem Islam in Einklang steht — eine sogenannte „Sukuk“.
Diese verzichten darauf, Zinsen zu erwirtschaften. Gemäß dem Koran ist das Muslimen nicht gestattet. Stattdessen wird das Geld über Leasingverträge verdient. Auch „Yielders“ macht über ähnliche Modelle Profite. Ein Modell, das auch andere Finanzfirmen überzeugen könnte. Auch die Bank of England arbeitet derzeit daran, ein islamkonformes Anleihemodell aufzulegen.
“Yielders”-Gründer Irfan Khan blickt jedenfalls optimistisch auf die Entwicklung in Großbritannien: “Die britische Regierung glaubt, dass London außerhalb des Nahen und Mittleren Ostens schon die islamische Finanzzentrale ist”, so Khan. Er bemerke deutliche Veränderungen in Großbritannien. Die islamischen Finanzunternehmen seien der Schlüssel zu neuen, großen Märkten. Deshalb nehme die Unterstützung für diese Art von Firmen zu.
Startup Yielders hält sich sogar an scharfe Scharia-Gesetze
“Yielders” wurde aber nicht nur von der staatlichen Finanzaufsicht zugelassen. Auch der Islamische Finanzrat von Großbritannien hat das neue Unternehmen zertifiziert. Das Startup handelt nicht nur nach dem Zinsverbot, sondern auch nach verschärften Scharia-Regeln. Diese untersagen, Kredite zur Finanzierung von Projekten aufzunehmen. Auch Renditen aus Glückspiel sind Tabu.
Diese Begrenzungen erschwere es gläubigen Muslimen, auf kapitalistisch ausgelegten Märkten in Europa und den USA, wo Muslime meist in der Minderheit sind, konkurrenzfähig zu sein. Unternehmensgründer Khan hat jedoch ein Rezept, mit dem er diesen Widrigkeiten trotzen will: Er hofft durch Fintech-Lösungen die Kosten reduzieren und beispielsweise auf eine Verwaltungsabteilung verzichten zu können, um auch in London profitabel zu arbeiten.
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