Clintons Steigbügelhalterin tritt zurück
“Das [mit Bernie Sanders] ist eine alberne Geschichte. Er wird nicht Präsident werden.” Da war sich die demokratische Parteichefin Debbie Wasserman Schultz dann doch ziemlich sicher, als sie am 21.05.2016 kurz angebunden per Mail die Ängste ihres Pressechefs Luis Miranda zerstreute, wonach ein damals möglicher Präsident Sanders sie wohl nicht wieder kandidieren lassen würde. Dass sie so beruhigt antworten konnte, hatte sie sich zum einem Gutteil aber auch selbst zu verdanken. Denn genau wie Bernie Sanders immer wieder behauptete, arbeitete die Parteichefin und Kongressabgeordnete aus Florida offenbar gezielt daran, Sanders Wahlkampagne zu schwächen und Hillary Clinton damit indirekt zur demokratischen Nominierung zu verhelfen.
Darauf deuten zumindest einige Mailwechsel aus einer Sammlung von fast 20 000 geleakten Mails der zur Neutralität angehaltenen Parteispitze hin. So wie es Sanders Kampagnenleitung immer wieder kritisierte, wurden nicht nur die Parteidelegierten, was unüblich ist, mitten im Vorwahlkampf bewusst gegen einen Kandidaten (hier Sanders) in Stellung gebracht. Vielmehr wurde offenbar ausführlich nach Schwächen von des selbsternannten demokratischen Sozialisten gesucht, um schmutzige Wäsche zu waschen.
Widerliche Anschuldigungen, wie sie sonst höchstens in den peinlichen Hauptwahlkämpfen vorkommen, wurden da diskutiert: Wie man Sanders wegen des Zugriffs auf Clintons Daten durch eine selbstverschuldete Sicherheitslücke in der Wählerdatenbank der Demokraten möglichst nochmal was ans Zeug flicken könnte zum Beispiel. Oder ob eine Debatte über Sanders jüdischen Glauben eventuell dazu taugen würde, um im Falle eines Kopf-an-Kopf-Rennens zum Schluss nochmal die Religionskarte gegen Bernie Sanders zu spielen. Die Parteiführung der Demokraten lieferte damit ein Beispiel dafür, wie Demokratie nicht funktionieren sollte — und weswegen Sanders, so er denn siegreich gewesen wäre, ziemlich berechtigte Gründe gehabt hätte, Wasserman Schultz zügig zur Hinterbänklerin im Repräsentantenhaus zu degradieren.
Sollte Hillary Clinton dagegen wirklich ins Weiße Haus einziehen, könnte der zurückgetretenen Parteichefin aber im Gegenteil noch eine Beförderung aus dem Parteiapparat in ein Ministerium winken. Zumindest hat die Frau des ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton Wasserman Schultz “ehrenhalber” in ihren Wahlkampfstab geholt. Als Belohnung für eine treue, ferngesteuerte Gefährtin? Immerhin war Wasserman Schultz bereits in Clintons 2008er-Kampagnenteam dabei.
Denkbar aber auch, dass sich das Hillary Clinton nochmal anders überlegen könnte, wenn der Gegenkandidat der Republikaner, Donald Trump, das schlechte Image ihrer Steigbügelhalterin benutzt, um Clinton unsaubere Tricks vorzuwerfen. Dann würde Clinton die Ex-Parteichefin wohl wieder fallen lassen. Genauso übrigens wie es Wasserman Schultz 2008 getan hat: Da hatte sie auch das sinkende Clinton-Schiff verlassen, um beim aussichtsreicher positionierten Obama anzuheuern. Es hätte eine gewisse Ironie.
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