Deine Abschluss­ar­beit ist irgend­wie 08/15? Dann gönn dir rich­tige For­schung! Der Pas­sauer Mas­ter-Absol­vent Cars­ten Brück hat sich das Image des Vor­zeige-Schla­ger­sän­gers Michael Wend­ler ange­se­hen. Everybody’s Bache­lor auch.

Gehts viel­leicht auch ‘ne Num­mer klei­ner?”, die Frage drängt sich nach weni­gen durch­ge­blät­ter­ten Sei­ten regel­recht auf. Wer sich, wie ich, noch nie wirk­lich aus­führ­lich mit Michael Wend­ler beschäf­tigt hat, sollte das schleu­nigst nach­ho­len. Denn er ist viel­leicht gar kein rei­cher, prah­le­ri­scher und medi­en­gei­ler Schla­ger­sän­ger, der sich stän­dig auf die Klatsch­sei­ten drängt. Ein medi­en­se­mio­ti­scher Blick auf all das, was “der Wend­ler” so von sich gibt, zeigt, dass sein Image wei­ter gefasst wer­den muss: “Der Wend­ler” ist näm­lich ganz offen­bar zu Höhe­rem beru­fen. Aber mal der Reihe nach.

Wendler
“Siehe, der Hei­land ist da!” Der Wend­ler lässt sich bei einem sei­ner Auf­tritte fei­ern. (Foto: Nibor Nivek | CC BY-NC 2.0)

Wend­ler besitze quasi zwei Images, beschreibt Autor Cars­ten Brück in sei­ner Arbeit. Eine gän­gige Annahme in der Image­ana­lyse. Einer­seits ein ‘fak­tua­les Image’, quasi das, was durch die Bericht­erstat­tung der Medien ent­steht. Und dane­ben noch ein ‘inner­fik­tio­na­les Image’. Also jenes, das sich Wend­ler mit sei­nem eige­nen Werk auf­baut. Und wie das aus­sieht, lässt sich in sei­ner Auto­bio­gra­phie nach­le­sen. Denn darin “packt er scho­nungs­los aus.

Wer in Wendler nur den Proleten sieht, der liegt sowas von falsch

Michael Nor­berg, wie “Der Wend­ler” mit bür­ger­li­chem Namen heißt, hat sei­nen drit­ten Hemd­knopf näm­lich nur des­we­gen offen, weil er “einem höhe­ren Auf­trag” gerecht wer­den muss. Das ist der Kern sei­nes inner­fik­tio­na­len Images, also des­sen, an dem der Wend­ler sel­ber wer­kelt. Der Star hat nach drei (allen Erns­tes) Nahtod­er­fah­run­gen anschei­nend end­lich gemerkt, dass er sich auf edler Mis­sion befin­det. Er soll der Welt den Pop-Schla­ger hin­ter­las­sen – und dabei mög­lichst am Steuer sei­nes Lam­bor­ghi­nis sit­zen oder auf einer gro­ßen Yacht durch die Welt­meere schip­pern. Gut, ganz über­zeugt ist Brück nicht von die­ser These: “Über seine per­sön­li­chen Motive kann man ja auch nur spe­ku­lie­ren”, erläu­tert er. “Ich hatte sein Manage­ment für ein Inter­view dazu ange­schrie­ben, aber die haben mir nie geant­wor­tet.” Kla­rer Sieg nach Punk­ten für Wend­ler. Nach Abschluss sei­ner Arbeit kann Cars­ten Brück nicht zuver­läs­sig aus­schlie­ßen, dass Michael Wend­ler nicht doch auf einer gött­li­chen Mis­sion ist.

Wendler tanzt
Wenn der Wend­ler tanzt, ver­sprüht er immer auch etwas von sei­nem über­schäu­men­den Sex­ap­peal. Im Hin­ter­grund: Bei­werk in lila. (Foto: Tho­mas Hanauer | CC BY-NC 2.0)

Wie aber schafft es der Künst­ler immer wie­der run­ter von die­sem hohen Ross? Denn auf der ande­ren Seite will er ja auch das hei­mat­ver­bun­dene Idol sein. Dafür schät­zen ihn die Fans. Um das her­aus­zu­fin­den, wurde in der Arbeit auch ein genauer Blick in seine Lied­texte gewor­fen. In denen baut “Der Wend­ler” seman­ti­sch bewusst auf seine Wur­zeln. Ok, zuge­ge­ben, Hei­mat ist jetzt nicht unge­wöhn­lich für den deut­schen Schla­ger. Stel­len wir uns nur ein strah­len­des Alpen­pan­orama vor, und mit­ten­drin die Wil­de­cker Herz…

Viel Pop und doch nichts dahinter?

Ok, äh, wir schwei­fen ab. Michael Wend­ler ist weit unkon­ven­tio­nel­ler. Er beschwört seine eigene Hei­mat, das Ruhr­ge­biet. Dazu gehö­ren seine Freunde, seine Stadt Dins­la­ken, in der wir alle zusam­men­hal­ten. Oder auch die “geils­ten Fuß­ball­spie­ler”. Und natür­lich Schla­ger, den er dort mit sei­nen Fans groß gemacht hat. Im Titel “Wir aus dem Revier” beschwört Wend­ler stark die Gemein­schaft vor Ort, der er sich zuge­hö­rig fühlt. Dass diese Selbst­er­dung und Image­pflege am Ende des Monats auch sein eige­nes Konto füllt, ist für den kon­tro­ver­sen Wend­ler aber erneut kein Wider­spruch. Er koket­tiert mit sei­nem unnach­ahm­li­chen Weg an die Spitze. Ich meine, ‘Fans und Nei­der dür­fen sich doch gerne in der Spie­ge­lung sei­nes gel­ben Sport­wa­gen son­nen’. Viel­leicht steht das ja genau so im “Wendler’schen” Stamm­buch geschrie­ben.

Aber noch­mal zurück zur Wis­sen­schaft: Im Ver­gleich zu And­rea Berg oder Roland Kai­ser scheint Michael Wend­ler tat­säch­lich ein­deu­tig aus der Reihe zu fal­len – als am Boden geblie­be­ner ‘Por­sche­prah­ler’? “Das alles, also ein mit Wider­sprü­chen auf­ge­la­de­nes Image, exis­tiert im nor­ma­len Schla­ger gar nicht. Denn da geht es ja gerade um kan­ten­lo­ses Har­mo­nie­ge­kotze” ((lei­der) nicht in die­sem Wort­laut in der Arbeit for­mu­liert), beschreibt Brück die Aus­nah­me­stel­lung Wend­lers als Pop-Schla­ger­mu­si­ker.

Und der schöne Schein, den Wend­ler da auf­ge­baut hat, ist auch seine große Achil­les­ferse: Er scheint trotz sei­ner mas­sen­kom­pa­ti­blen Fas­sade noch viel zu stark im Hei­mat- und Fern­weh-Schla­ger ver­haf­tet zu sein. Weil er sich dort am Ende doch woh­ler fühlt viel­leicht. Im ver­meint­lich authen­ti­schen Umfeld des Dschun­gel­camps, in dem man mög­lichst kon­se­quent sein grel­les Pop-Image spie­len muss, sah “Der Wend­ler” zumin­dest ziem­lich blass aus. Die Moral der Mas­ter­ar­beit? Nur weil einer in der Schla­ger­welt pop­pig rüber­kommt, muss das noch gar nichts hei­ßen.

Titel­bild: Dirk Vor­der­straße | CC BY-NC 2.0