Büro­kra­tie-Hick­hack: Wo ist die Flücht­lings­sta­tis­tik?

Büro­kra­tie-Hick­hack: Wo ist die Flücht­lings­sta­tis­tik?

Wel­che Flücht­linge leben eigent­lich in der Regi­on Alt­öt­ting-Mühl­dorf? Eine gute Fra­ge, unse­re Lokal­zei­tung konn­te mir die bis­her nicht wirk­lich beant­wor­ten. Klar, meh­rere hun­dert sol­len es sein, zum Teil aus dem Irak oder Syri­en. Aber wer gen­au sind die­se Men­schen? Die Behör­den müss­ten doch etwas über sie wis­sen, oder?

03. August 2015

Ich fra­ge bei den bei­den Land­rats­äm­tern in Mühl­dorf und Alt­öt­ting an – mit ins­ge­samt neun Fra­gen im Gepäck. Am Tele­fon heißt es, ich möge dann doch bit­te eine Mail schrei­ben. Mach ich. Unter ande­rem möch­te ich wis­sen, wie vie­le Asyl­be­wer­ber ankom­men, wie schnell und erfolg­reich ihre Asyl­ver­fah­ren lau­fen oder aber wel­chen Bil­dungs­hin­ter­grund sie haben. Wenn die Asyl­be­wer­ber in Deutsch­land regis­triert wer­den, soll­ten das kei­ne all­zu schwie­ri­gen Fra­gen sein. Eigent­li­ch.

07. August 2015

Ein paar Werk­tage sind ver­gan­gen, immer­hin hat­te mir die Mühl­dor­fer Ver­wal­tung zwi­schen­zeit­lich schon mal ihre ‚Flücht­lings-FAQs‘ geschickt. Viel mehr, als eine die Begriffs­er­klä­rung von ‚Flücht­ling‘ und die Auf­lis­tung der Regel­sätze auf Hartz IV-Niveau ste­hen da aber auch nicht drin. Hät­te mich jetzt auch gewun­dert, wenn die Pres­se­leute im Land­rats­amt die Auf­zeich­nun­gen zu Flücht­lin­gen in der Regi­on gleich neben sich lie­gen gehabt hät­ten – sie sind ja doch nur indi­rekt zustän­dig.

Pünkt­lich zum Frei­tag­mit­tag habe ich aber ers­te Ant­wor­ten im Post­fach. Mar­kus Huber, Pres­se­mit­ar­bei­ter im Land­rats­amt Alt­öt­ting, ist rela­tiv aus­führ­lich. Von ihm erhal­te ich eine detail­lierte Auf­stel­lung dar­über, woher wie vie­le Asyl­be­wer­ber kom­men und wo die­se unter­ge­bracht sind. Noch eine Zusatz­info: Bis­lang wur­den ca. 4 Mil­lio­nen Euro für die Unter­brin­gung und ‚Taschen­geld‘ für die Flücht­linge aus­ge­ge­ben. Für alle ande­ren Fra­gen wäre wohl das Bun­des­amt für Migra­tion und Flücht­linge (BAMF) der rich­tige Ansprech­part­ner, schreibt er.

Auch die Mühl­dor­fer Pres­se­frau San­dra Schließl­ber­ger ver­weist mich für die meis­ten Fra­gen ans BAMF. In ihrer Pres­se­ant­wort steht lei­der nicht viel mehr drin, als ich sowie­so schon in den FAQs lesen konn­te. Mühl­dorf scheint kei­ne offi­zi­elle Sta­tis­tik lie­fern zu kön­nen, wie ich sie aus Alt­öt­ting erhal­ten habe.

11. August 2015

Kann das sein? Noch­mal die Mail zurück nach Mühl­dorf, gefolgt von einem Anruf. Ich habe das Gefühl, Frau Schließl­ber­ger drückt sich am Tele­fon ein wenig. Recht viel schlau­er bin ich nicht, als ich auf­lege. Immer­hin ver­spricht sie mir, noch­mals nach­zu­ha­ken. Von mir aus gern – dar­auf hat­te ja eigent­lich schon mei­ne ers­te Anfra­ge abge­zielt.

Außer­dem hake ich jetzt auch beim Bun­des­amt nach. Weil am Mon­tag mehr­fach kei­ner ans Tele­fon ging, eben auch wie­der per Mail. Eine Anwort kommt flott zurück:

Lei­der kön­nen wir Ihre Fra­gen bezo­gen auf die Land­kreise Alt­öt­ting und Mühl­dorf nicht beant­wor­ten, da eine Aus­wer­tung nach Land­krei­sen oder Kom­mu­nen nicht mög­lich ist. Las­sen Sie es mich wis­sen, wenn Sie die bun­des- oder bay­ern­wei­ten Zah­len benö­ti­gen.“

Sicher, die brau­che ich auch. Aber war­um soll­te eine Aus­wer­tung denn nicht mög­lich sein?

Noch­mal ans Tele­fon. Es wäre zu erwar­ten, dass die Daten doch vor Ort erho­ben und den Behör­den mit­ge­teilt wer­den, damit die wis­sen, mit wem sie es zu tun haben. Wenn die Land­rats­amts­äm­ter nichts wüss­ten, so das BAMF, viel­leicht die Regie­rung von Ober­bay­ern. Die zustän­dige Poli­zei­di­rek­tion kön­ne mir auch nicht wei­ter­hel­fen, heißt es.

17. August 2015

Bis­her hat mei­ne Recher­che fast was vom Hase und Igel-Spiel­chen, zumal auch noch Frau Schließl­ber­ger aus Mühl­dorf ant­wor­tet.

Sehr geehr­ter Herr Eich­fel­der,
ich wen­de mich noch mal an Sie bzgl. Ihrer wei­te­ren Anfra­ge nach einer Auf­lis­tung der Natio­na­li­tä­ten der Asyl­be­wer­ber pro Gemein­de im Land­kreis Mühl­dorf a. Inn. Bit­te haben Sie Ver­ständ­nis, dass wir – über die Aus­sa­gen in der beant­wor­te­ten Pres­se­an­frage vom 3. August – wei­tere Daten nicht her­aus­ge­ben.“

Nach die­sem Schrei­ben ist Frau Schließl­ber­ger tele­fo­nisch nicht mehr für mich zu errei­chen. Auch auf eine Mail hat sie bis­lang nicht geant­wor­tet. Die Ant­wort sug­ge­riert, dass es doch Daten geben soll­te. Nur ver­öf­fent­li­chen will sie das Amt nicht. Aller­dings soll­te die Pres­se­stelle genauso gut wie ich wis­sen, dass ein Aus­kunfts­recht auf sol­che Daten besteht. Es han­delt sich hier ja um nicht viel mehr als ein paar Sta­tis­ti­ken. Auf Geheim­hal­tungs­pflich­ten oder ein schüt­zens­wer­tes Inter­esse der Öffent­lich­keit wird sich das Land­rats­amt kaum beru­fen kön­nen. Ich wer­de da in den kom­men­den Tagen noch­mals nach­ha­ken.

18. August 2015

Neu­er Tag, neu­es Glück? Gleich vor­weg genom­men, auch die Regie­rung von Ober­bay­ern weiß nichts – ver­weist mich in einer Mail nur wie­der auf die Land­rats­äm­ter. Es geht also schön im Kreis. Wer hat denn nun die Aus­künfte der Asyl­be­wer­ber? Vie­le spre­chen davon, dass die meis­ten Flücht­linge vor Krie­gen flie­hen. Eini­ge von ihnen sol­len stu­diert haben und gut gebil­det sein. Aber wie kann man sol­che Aus­a­gen über­haupt tref­fen, wenn offen­bar nie­mand die­se Daten erhebt?

Die Land­kreis­be­hör­den kön­nen mir immer noch nicht wei­ter­hel­fen. Also rufe ich noch­mal in Mün­chen an. So ein­fach sei das nicht zu durch­schauen, erklärt mir dort Ines Schantz von der Pres­se­stelle der Regio­nal­re­gie­rung. Von der ört­li­chen Poli­zei, die die Flücht­linge auf­greift, gehe es erst­mal in eine zen­trale Auf­fang­stelle. Dort wer­de nur das Nötigs­te doku­men­tiert. Erst wenn die Asyl­be­wer­ber in die staat­lich orga­ni­sier­ten Auf­fang­la­gern in den Land­krei­sen kom­men, wür­den sie genau­er befragt. Direkt komi­sch, dass mir die Land­rats­äm­ter dann kei­ne Aus­kunft geben kön­nen. Oder zumin­dest das Bun­des­amt für Migra­tion und Flücht­linge. Die orga­ni­siert die Ver­sor­gung ja.

Ines Schantz ist des­we­gen sogar ver­är­gert, als sie mit mir tele­fo­niert. Mit sol­chen Spiel­chen wür­den nur die Ver­ant­wort­lich­kei­ten hin- und her­ge­scho­ben. Die Regie­rungs­mit­ar­bei­te­rin will selbst nach­ha­ken, sie kann sich durch­aus vor­stel­len, dass die Daten von den Flücht­lin­gen abge­fragt wer­den.

20. August 2015

Jetzt wird es hin­ten lang­sam höher als vor­ne:  Ich soll bereits Aus­künfte erhal­ten haben, schreibt mir die Pres­se­stelle der Regie­rung. So ein­fach ste­hen las­sen, kann ich das nicht! Das Alt­öt­tin­ger Land­rats­amt hat zwar ers­te Infos an mich wei­ter­ge­lei­tet, als die Regie­rung von Ober­bay­ern in Alt­öt­ting nach­fragt, hät­te ich die Behör­de dort aber gar nicht kon­tak­tiert.

Ver­mut­lich wur­de mei­ne Anfra­ge ein­fach nicht rich­tig wei­ter­ge­lei­tet, ehe Pres­se­spre­cher Mar­kus Huber sich in den Urlaub ver­ab­schie­det hat. Das pas­siert schon mal. Auch Mühl­dorf hät­te sich doch bei mir gemel­det. War zwar gar nicht mei­ne Kri­tik, das ist schon rich­tig. Das Land­rats­amt dort gibt aber nicht die Daten raus, die Alt­öt­ting wie­derum ohne Umschwei­fe schi­cken konn­te.

Immer­hin erfah­re ich über die­sen Umweg etwas mehr über das BAMF. Das fragt offen­bar nicht ein­mal die Aus­bil­dung oder den Beruf ab. Ob wenigs­tens der Flucht­grund abge­fragt wird? Das soll ich noch­mal mit dem Bun­des­amt selbst klä­ren. Ich bin ja mal gespannt. Bis­her konn­te ich nur fest­stel­len: In unser Land kom­men vie­le frem­de Asyl­be­wer­ber. Und die sind vor allem auch den Behör­den fremd.

 

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