ESC 2017: Ukrainisches Führungs-Team schmeißt geschlossen hin
Der Eurovision Song Contest 2017 schlittert vom einem Rückschlag zum nächsten: Vergangene Woche sorgte ein kurzfristiger Verkaufsstop der Tickets für Aufregung, jetzt schmeißt gleich eine ganze Reihe an Spitzenleuten der Sendungsleitung hin. Versinkt die Ukraine jetzt im großen Eurovision-Song-Chaos?
Wie die European Broadcasting Union (EBU) auf der ESC-Webseite mitteilt, gibt es hinter den Kulissen des weltweit größten Gesangswettbewerbes ein regelrechtes Personal-Beben. „Etliche Mitglieder des Kernteams des ESC 2017 sind von ihren Positionen zurückgetreten“, erklärte der Rundfunkverband.
Unter anderem haben die geschäftsführenden Produzenten Oleksandr Kharebin und Victoria Romanova, die Werbeleiterin Iryina Asman, der Eventleiter Denys Bloshchynski sowie Sicherheitschef Oleksii Karaban das Rücktrittsschreiben unterschrieben. Dem Eurovision Song Contest geht damit auf einen Schlag der komplette Führungsstab verloren.
ESC-Event kostet über die Hälfte des ukrainischen TV-Etats
Der Grund für den Eklat: Die ukrainische ESC-Führung fühlt sich vom Rundfunkverband gegängelt. Weil die Hauptverantwortlichen nicht genügend Entscheidungsfreiheit gehabt hätten und ihre Arbeit sogar aktiv blockiert wurde, sei eine Zusammenarbeit nicht mehr möglich. Der Führungsrücktritt ist nicht der erste Paukenschlag aus Kiew.
Schon im vergangenen November trat der ukrainische TV-Chef Surab Alassanija zurück. Er war nicht bereit, die horrenden Kosten für das Mammut-TV-Projekt zu verantworten. Der staatliche TV-Sender soll über 50 Prozent seines Jahres-Etats von 43 Millionen Euro in das vierstündige Fernseh-Event sowie die beiden Halbfinal-Shows investieren. Viel zu viel aus Sicht von Alassanja, der nicht bereit war, andere TV-Projekte wegen der drei ESC-Abende ausbluten zu lassen.
Bei der Ticketausschreibung mischte sich sogar das Kartellamt ein
Nicht nur deswegen kommen die neuen Personal-Probleme absolut ungünstig für den ESC. Erst vergangene Woche hatte die ukrainische Kartellbehörde bei der Ticketvergabe kurzfristig die Notbremse gezogen. Aus Sicht der Behörde sei der Auswahlprozess für den Eintrittskartenauftrag nicht regelkonform abgelaufen.
Die Kritik aus der EBU-Zentrale in Genf ließ nicht lange auf sich warten: “Wir sind enttäuscht über den verspäteten Verkaufsstart für die Ticktes für den Eurovision Song Contest 2017“, meldete sich der oberste ESC-Kontrolleur Jon Ola Sand zu Wort. Zwar ist der Kartenverkauf inzwischen offiziell angelaufen, allerdings ist der Onlineshop bereits am Dienstag wieder abgeschaltet worden. Informationen, wann es wieder ESC-Tickets zu bestellen gibt, fehlen ganz auf der Seite. Diese erneute Panne dürfte die Zusammenarbeit der EBU mit den ukrainischen Kollegen nicht unbedingt beflügeln.
Trotz aller Probleme steht die EBU hinter dem ESC-Gastgeberland Ukraine
Schon seit Monaten gibt es Gerüchte, wonach es unter den ESC-Verantwortlichen ordentlich brodeln soll. Auch Spekulationen darüber, ob die Ukraine — speziell die Hauptstadt Kiew — den Eurovision Song Contest überhaupt ordentlich ausrichten könne, kamen immer wieder auf.
Gedankenspielen über einen anderen Austragungsort schob die EBU bereits im Dezember einen Riegel vor und stellte sich demonstrativ hinter den Austragungsort Kiew. Trotz aller Pannen und dem großen Personal-Chaos solle „der Zeitplan eingehalten werden, damit ein erfolgreicher Wettbewerb im Mai gesichert ist“, erklärt der Verband. Wie er das ohne die komplette Führungsriege im Gastgeberland hinbekommen möchte, darüber schweigt sich die EBU aus. Aus deutscher Sicht ist immerhin schon alles in trockenen Tüchern. Im ARD-Vorentscheid konnte sich die Sängerin Levina mit ihrem Lied “Perfect Life” durchsetzen.
Als Vorjahressieger des ESC richtet die Ukraine den weltweit größten Gesangswettbewerb aus. Beim Eurovision Song Contest 2016 konnte sich Sängerin Jamala gegen die Beiträge 41 anderer Teilnehmerländer durchsetzen. Nach dem Sieg der Ukrainerin wurde Kritik gegen die nationalen Fachjurys des ESC laut. Anders als die Zuschauer, die den außerordentlichen Gastbeitrag aus Australien vorne gesehen hatten, vergaben die Expertengremien auffallend viele Punkte für den ukrainischen Beitrag. Das wurde ihnen als politische Beeinflussung des Wettbewerbs ausgelegt.
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